Beim Thema Bakterien denkt man meistens zuerst an Krankheit oder mangelnde Hygiene. Dabei sind Bakterien ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Körpers. Er beherbergt sage und schreibe ungefähr 30 Trillionen davon. Allein in der Scheidenflora wurden bis jetzt mindestens 250 bakterielle Spezies nachgewiesen. Sie sollten in einem sensiblen Gleichgewicht leben. Was passiert, wenn die Scheidenflora aus der Balance gerät?
Manchmal bringen schon Regelblutung oder Sperma das Scheiden-Mikrobiom aus dem Gleichgewicht. Dann kann eine bakterielle Vaginose entstehen. Rund 9 Prozent der Frauen sind oder waren schon einmal davon betroffen. Was tun?
Ist die Scheidenflora intakt, sind Milchsäurebakterien (Laktobazillen), von denen es etwa 175 Arten gibt, in der Überzahl. In der Scheide jeder Frau kommen bis zu vier Arten davon vor. Laktobazillen sorgen für ein leicht sauren pH-Wert, in dem sich Krankheitserreger kaum vermehren können. Eine Schwächung des Immunsystems und Medikamente wie Antibiotika oder die Pille können diese Balance stören, so dass sich die Zusammensetzung der Scheidenflora zu Ungunsten der Milchsäurebakterien verändert.
Veränderungen in der Scheidenflora
Bei der bakteriellen Vaginose handelt es sich nicht um eine klassische Infektion der Scheide, wie meist angenommen wird – in einer aktuellen Umfrage gingen immerhin 71 Prozent der befragten Frauen davon aus! – sondern um eine bakterielle Fehlbesiedlung. Auch die Hormone spielen eine Rolle: So können sich Veränderungen während des Zyklus, durch Stress, die Wechseljahre oder eine Schwangerschaft negativ auf die Scheidenflora auswirken. Doch was hilft, wenn die wichtigen Laktobazillen immer weniger werden bis sich irgendwann unangenehm riechender Ausfluss zeigt?
Geheimtipp? Nein, Danke!
Immer wieder liest man von “natürlichen” Hausmitteln und Geheimtipps wie in Joghurt getränkten Tampons, Knoblauchzehen, die in die Scheide eingeführt werden sollen oder Spülungen mit Teebaumöl oder Essig. Vorsicht! Bei all diesen Maßnahmen besteht die Gefahr, dass die Scheidenhaut gereizt wird und weitere Keime, die dort nicht hingehören, in die Scheide gelangen und das ohnehin schon verschobene bakterielle Gleichgewicht zusätzlich belasten. Außerdem ist die Wirksamkeit der vermeintlich “sanften” Behandlungen nicht bewiesen.
Die Scheidenflora liebt es sauer!
Schonend und wirksam ist hingegen eine Therapie mit Milchsäure, die zum Beispiel in der “Kadefungin Milchsäurekur” steckt (in der Apotheke, cirka 12 Euro). Sie sorgt für einen sauren pH-Wert in der Scheide, in dem sich die Milchsäurebakterien wohlfühlen und vermehren können. Sind diese in ausreichender Menge vorhanden, können sie durch ihre eigene Milchsäureproduktion den pH-Wert selbst einstellen. So regeneriert sich das schützende Scheidenmilieu, die Scheidenflora erholt sich. Schädliche Bakterien werden zurückgedrängt, die Vaginose klingt ab. Der richtige pH-Wert und sie Ansiedlung der richtigen Bakterien bietet auch den einzig effektiven Schutz vor einer erneuten Vaginose, weshalb sich die Milchsäurekur nicht nur zur begleitenden Behandlung bei Antibiotikagabe oder zur alleinigen Anwendung bei leichter Symptomatik im Akutfall eignet, sondern auch zur Prophylaxe bei einer Neigung zu wiederkehrenden Vaginosen.
Aufmacherfoto: Ava Sol, Foto: Timothy Meinberg